Ölschiefer-Bergbau im westlichen Karwendel
Schon im Mittelalter verstanden es die Menschen dem Gestein das stark nach Asphalt riechende Öl zu entlocken. Der Geruch war penetrant, aber man wusste um seine entzündungshemmende Wirkung für Mensch und Tier. Über Jahrhunderte haben die Bauern das Öl gewonnen und über sogenannte Dirschler oder Öltrager damit gehandelt. Steinöl wird auch Schieferöl, Dyrschenöl, Dürschöl und Bergöl genannt. Die Entstehung des wertvollen Wirkstoffes geht auf eine Zeit vor rund 200 Millionen Jahren zurück, als das Gebiet des heutigen Westlichen Karwendels, das sich damals noch am Nordrand des afrikanischen Kontinents befunden hat, noch eine flache Lagune war. Organisches Material lagerte sich am Lagunengrund in Schichten ab, die unter Sauerstoffabschluss im Laufe der Zeit in eine ölige Flüssigkeit umgewandelt wurden. Diese Schichten wurden in den folgenden Jahrmillionen von weiteren Ablagerungen überdeckt und im Rahmen der Alpinen Gebirgsbildung in die heutige Lage angehoben. Noch heute finden sich In dem geschichteten Gestein bis auf eine Seehöhe von über 2000 m Einschlüsse mariner Lebewesen.
Der Bergbau an der oberen Isar, im Gebiet Schröfeln zwischen Wallgau und Vorderriß, setzte während des Ersten Weltkriegs ein. Er wurde mit kleinen Unterbrechungen bis 1962 betrieben. Da der dortige Ölschiefer der Lagerstätte im Seefelder-Reither Gebiet weitgehend entspricht, wurden die Anlagen in Schröfeln nach dem Zweiten Weltkrieg der Tiroler Seite angegliedert.
Der bergmännische Abbau und die fabrikmäßige Aufbereitung bei Reith und Seefeld begannen im 19. Jahrhundert und brachten der Region einen gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Aufschwung. In der „Maximilianshütte“, benannt nach Erzherzog Maximilian Joseph von Österreich-Este, nahm auch das noch heute erfolgreiche Pharmaunternehmen „Ichthyol-Gesellschaft Cordes, Hermanni & Co in Hamburg ihren Anfang. Der letzte Ölschiefer im Revier Hochanger im Gemeindegebiet Reith bei Seefeld wurde 1955 abgebaut, im Revier Ankerschlag im Gemeindegebiet Seefeld im April 1964. Seitdem erfolgt in der Maximilianshütte aus dem aus Frankreich gelieferten Rohöl die Aufbereitung der Wirkstoffe, aus denen im Hamburger Hauptfirmensitz Arzneimittel hergestellt werden, die in der Dermatologie und Orthopädie zum Einsatz kommen.